Emek schlägt technologieneutrale Hilfe vor

Die Eid­genös­sis­che Medi­enkom­mis­sion will die Medi­en­förderung in der Schweiz umkrem­peln und rät zu einem neuen Sys­tem ohne Post­tax­en­ver…

Die Eid­genös­sis­che Medi­enkom­mis­sion will die Medi­en­förderung in der Schweiz umkrem­peln und rät zu einem neuen Sys­tem ohne Post­tax­en­ver­bil­li­gung und Abgaben­split­ting. Das Papi­er, das am Dien­stag in Bern vorgestellt wurde, sieht drei Hand­lungs­felder vor.

Von Michèle Wid­mer (persönlich.ch)

Die Bedin­gun­gen von Medi­en und Öffentlichkeit haben sich in den let­zten Jahren mas­siv verän­dert. Wie kön­nte eine zeit­gemässe Medi­en­förderung ausse­hen? Die Eid­genös­sis­che Medi­enkom­mis­sion (Emek) hat sich in den let­zten zwei Jahren im Auf­trag des Bun­de­samts für Kom­mu­nika­tion (Bakom) inten­siv mit dieser Frage beschäftigt. Auss­chlaggebend war das Pos­tu­lat Christ, wonach der Bun­desrat bis im Früh­jahr 2024 einen Bericht für eine zukun­fts­gerichtete Medi­en­förderung vor­legen muss.

Die Emek sieht angesichts der sich stark veränderten Produktions‑, Dis­tri­b­u­tions- und Nutzungsrealitäten in ein­er dig­i­tal­en Medi­en­welt keine Zukun­ft für eine tech­nolo­gie- und gat­tung­sori­en­tiere Medienförderung. Sie emp­fiehlt einen grundle­gen­den Sys­temwech­sel.

Diese Empfehlung hat die Emek am Dien­stag mit dem Posi­tion­spa­pi­er «Zukun­ft der Schweiz­er Medi­en­förderung – Impulse für eine tech­nolo­gien­eu­trale Unter­stützung pri­vater jour­nal­is­tis­ch­er Ange­bote» an ein­er Medi­enkon­ferenz in Bern detail­liert vorgestellt. Die Vorschläge der Kom­mis­sion stossen auf gross­es Medi­en­in­ter­esse – rund 30 Medi­en­schaf­fende aus den ver­schiede­nen Lan­desteilen sind angereist.

Unab­hängig von Kanal oder Gat­tung

Neu sollen alle pri­vat­en Medi­en unab­hängig von Dis­tri­b­u­tion­skanal oder Gat­tung Fördergelder erhal­ten kön­nen, sofern sich ihre jour­nal­is­tis­chen Inhalte an eine bre­ite Öffentlichkeit richt­en und sie sich frei­willig auf die Ein­hal­tung der Branchenselb­streg­ulierung verpflicht­en, heisst es in der Mit­teilung zum Papi­er. Somit sollen alle pri­vat­en jour­nal­is­tis­chen Ange­bote gle­ich­be­han­delt wer­den, unab­hängig, ob sie gedruckt, gestreamt, als Text‑, Video- oder Audiobeitrag ver­trieben wer­den. Die derzeit prak­tizierte Ver­bil­li­gung der Post­tax­en bei der Frühzustel­lung von gewis­sen Zeitun­gen oder das Abgaben­split­ting für einige Pri­va­tra­dio- und Pri­vat­fernsehsender sollen durch das neue Sys­tem abgelöst wer­den.

«Wir sind überzeugt davon, dass es in der Schweiz angesichts der wirtschaftlich schwieri­gen Lage ins­beson­dere von Region­al- und Lokalme­di­en notwendig ist, neben der SRG auch pri­vate Anbi­eter jour­nal­is­tis­ch­er Inhalte mit öffentlichen Geldern zu fördern», sagt die Kom­mis­sion­spräsi­dentin Anna Jobin. Diese soll­ten aber frei entschei­den kön­nen, wie sie die Bevölkerung mit ihren Inhal­ten erre­ichen wollen. Mit Blick auf die Zielset­zung der Förderung, demokratierel­e­vante Infor­ma­tio­nen möglichst bre­it ver­füg­bar zu hal­ten, sei egal, in welch­er Form dies geschehe.

Mass­nah­men in drei Bere­ichen

Damit rückt die Emek die Nutzung ins Zen­trum ihrer Über­legun­gen. Die Kom­mis­sion sieht konkret drei Bere­iche, bei der dieser Förder­ansatz ange­wandt wer­den kann:

1. All­ge­meinen Mass­nah­men zur Stärkung der Branche
Dieser Bere­ich umfasst die Aus- und Weit­er­bil­dung von Medi­en­schaf­fend­en, die Selb­streg­ulierung durch den Presser­at, eine Nachricht­e­na­gen­tur als Basisange­bot, Forschung und Mes­sung, Infra­struk­turen sowie Recherche­fonds. Zudem soll­ten Steuerre­duk­tio­nen auf ihre Sinnhaftigkeit geprüft wer­den.

2. Unter­stützung des Betriebs pri­vater und beson­ders regionaler jour­nal­is­tis­ch­er Ange­bote
Unabhängig von Geschäftsmodell und Dis­tri­b­u­tion­skanal sollen jour­nal­is­tis­che Ange­bote (Text, Audio und Video; Online und Offline), die bes­timmte Fördervoraussetzungen erfüllen, aus einem ein­heitlichen Fördersystem unterstützt wer­den. Beste­hende Ange­bote haben mit ein­er solchen tech­nolo­gien­eu­tralen Förderung einen starken Anreiz, in ein attrak­tives Onlin­eange­bot zu investieren und sich entsprechend den Bedürfnissen der Nutzerin­nen und Nutzer aufzustellen.

3. Unter­stützung von Pro­jek­ten pri­vater jour­nal­is­tis­ch­er Ange­bote wie lokale Start-ups und Inno­va­tion­spro­jek­te von Medi­en
In Form ein­er Anschub­fi­nanzierung sollen lokale Medi­en-Start-ups sowie von Inno­va­tion­spro­jek­ten bei (beste­hen­den und neuen) jour­nal­is­tis­chen Ange­boten unter­stützt wer­den.

Die Kom­mis­sion spricht sich weit­er für einen unabhängigen, durch öffentliche Mit­tel geförderten nationalen Ser­vice pub­lic aus, der im Gegen­zug für die Finanzierung aus der Medi­en­ab­gabe einen kon­ver­gen­ten Leis­tungsauf­trag zu erbrin­gen hat.

Staats­ferne Mit­telver­gabe sich­er­stellen

«Es ist völ­lig klar, dass ein solch­er Sys­temwech­sel nicht von heute auf mor­gen erfol­gen kann und rechtlich­er Anpas­sun­gen bedarf. Und es sind Über­gangs­mass­nah­men notwendig für Medi­en, die bere­its von Förderung prof­i­tieren», erläutert Jobin. Auch müsse die Höhe der Förder­beiträge poli­tisch aus­ge­han­delt wer­den. Die Emek erneuert aber ihre beste­hende Forderung, eine Medi­en­förderung zwin­gend staats­fern auszugestal­ten und keine Möglichkeit­en zur poli­tis­chen Ein­flussnahme auf redak­tionelle Entschei­dun­gen zu eröff­nen.

Der vorgeschla­gene Sys­temwech­sel sei daher auch die Gele­gen­heit, die Zuständigkeit für die Ver­gabe der Mit­tel ein­er von poli­tis­chen Ein­flüssen möglichst unab­hängi­gen Stelle zu über­tra­gen, wie etwa ein­er Stiftung, ein­er staats­fer­nen Medi­en­reg­ulierungs­be­hörde oder einem Beirat.