Die Eidgenössische Medienkommission will die Medienförderung in der Schweiz umkrempeln und rät zu einem neuen System ohne Posttaxenverbilligung und Abgabensplitting. Das Papier, das am Dienstag in Bern vorgestellt wurde, sieht drei Handlungsfelder vor.
Die Bedingungen von Medien und Öffentlichkeit haben sich in den letzten Jahren massiv verändert. Wie könnte eine zeitgemässe Medienförderung aussehen? Die Eidgenössische Medienkommission (Emek) hat sich in den letzten zwei Jahren im Auftrag des Bundesamts für Kommunikation (Bakom) intensiv mit dieser Frage beschäftigt. Ausschlaggebend war das Postulat Christ, wonach der Bundesrat bis im Frühjahr 2024 einen Bericht für eine zukunftsgerichtete Medienförderung vorlegen muss.
Die Emek sieht angesichts der sich stark veränderten Produktions‑, Distributions- und Nutzungsrealitäten in einer digitalen Medienwelt keine Zukunft für eine technologie- und gattungsorientiere Medienförderung. Sie empfiehlt einen grundlegenden Systemwechsel.
Diese Empfehlung hat die Emek am Dienstag mit dem Positionspapier «Zukunft der Schweizer Medienförderung – Impulse für eine technologieneutrale Unterstützung privater journalistischer Angebote» an einer Medienkonferenz in Bern detailliert vorgestellt. Die Vorschläge der Kommission stossen auf grosses Medieninteresse – rund 30 Medienschaffende aus den verschiedenen Landesteilen sind angereist.
Unabhängig von Kanal oder Gattung
Neu sollen alle privaten Medien unabhängig von Distributionskanal oder Gattung Fördergelder erhalten können, sofern sich ihre journalistischen Inhalte an eine breite Öffentlichkeit richten und sie sich freiwillig auf die Einhaltung der Branchenselbstregulierung verpflichten, heisst es in der Mitteilung zum Papier. Somit sollen alle privaten journalistischen Angebote gleichbehandelt werden, unabhängig, ob sie gedruckt, gestreamt, als Text‑, Video- oder Audiobeitrag vertrieben werden. Die derzeit praktizierte Verbilligung der Posttaxen bei der Frühzustellung von gewissen Zeitungen oder das Abgabensplitting für einige Privatradio- und Privatfernsehsender sollen durch das neue System abgelöst werden.
«Wir sind überzeugt davon, dass es in der Schweiz angesichts der wirtschaftlich schwierigen Lage insbesondere von Regional- und Lokalmedien notwendig ist, neben der SRG auch private Anbieter journalistischer Inhalte mit öffentlichen Geldern zu fördern», sagt die Kommissionspräsidentin Anna Jobin. Diese sollten aber frei entscheiden können, wie sie die Bevölkerung mit ihren Inhalten erreichen wollen. Mit Blick auf die Zielsetzung der Förderung, demokratierelevante Informationen möglichst breit verfügbar zu halten, sei egal, in welcher Form dies geschehe.
Massnahmen in drei Bereichen
Damit rückt die Emek die Nutzung ins Zentrum ihrer Überlegungen. Die Kommission sieht konkret drei Bereiche, bei der dieser Förderansatz angewandt werden kann:
1. Allgemeinen Massnahmen zur Stärkung der Branche
Dieser Bereich umfasst die Aus- und Weiterbildung von Medienschaffenden, die Selbstregulierung durch den Presserat, eine Nachrichtenagentur als Basisangebot, Forschung und Messung, Infrastrukturen sowie Recherchefonds. Zudem sollten Steuerreduktionen auf ihre Sinnhaftigkeit geprüft werden.
2. Unterstützung des Betriebs privater und besonders regionaler journalistischer Angebote
Unabhängig von Geschäftsmodell und Distributionskanal sollen journalistische Angebote (Text, Audio und Video; Online und Offline), die bestimmte Fördervoraussetzungen erfüllen, aus einem einheitlichen Fördersystem unterstützt werden. Bestehende Angebote haben mit einer solchen technologieneutralen Förderung einen starken Anreiz, in ein attraktives Onlineangebot zu investieren und sich entsprechend den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer aufzustellen.
3. Unterstützung von Projekten privater journalistischer Angebote wie lokale Start-ups und Innovationsprojekte von Medien
In Form einer Anschubfinanzierung sollen lokale Medien-Start-ups sowie von Innovationsprojekten bei (bestehenden und neuen) journalistischen Angeboten unterstützt werden.
Die Kommission spricht sich weiter für einen unabhängigen, durch öffentliche Mittel geförderten nationalen Service public aus, der im Gegenzug für die Finanzierung aus der Medienabgabe einen konvergenten Leistungsauftrag zu erbringen hat.
Staatsferne Mittelvergabe sicherstellen
«Es ist völlig klar, dass ein solcher Systemwechsel nicht von heute auf morgen erfolgen kann und rechtlicher Anpassungen bedarf. Und es sind Übergangsmassnahmen notwendig für Medien, die bereits von Förderung profitieren», erläutert Jobin. Auch müsse die Höhe der Förderbeiträge politisch ausgehandelt werden. Die Emek erneuert aber ihre bestehende Forderung, eine Medienförderung zwingend staatsfern auszugestalten und keine Möglichkeiten zur politischen Einflussnahme auf redaktionelle Entscheidungen zu eröffnen.
Der vorgeschlagene Systemwechsel sei daher auch die Gelegenheit, die Zuständigkeit für die Vergabe der Mittel einer von politischen Einflüssen möglichst unabhängigen Stelle zu übertragen, wie etwa einer Stiftung, einer staatsfernen Medienregulierungsbehörde oder einem Beirat.