Ein Facebook-Post von mir, Lukas Voglesang, der ein paar Argumente liefert gegen das neue Mediengesetz — ohne, dass man eine “ReferendumsmittäterIn” sein muss. Fakt ist aber: Wir stimmen im Februar 2022 über ein Mediengesetz ab, NICHT über ein Referendum. Das ist ein grosser Unterschied. Etwas irritiert bin ich über die Haltung der Gewerkschaften — auch syndicom — welche OHNE eine Diskussion oder Rücksprach das neue Gesetz für die Annahme freigibt. Dabei verbauen sich die Gewerkschaften jede Möglichkeit, GAVs für Medienschaffende durchsetzen zu können. Denn es ist wichtig zu verstehen, dass mit diesem Gesetz die Firmenpolitik der VerlegerInnen der letzten 30 Jahre belohnt wird. Und diese Zeit war nicht gezeichnet durch “JournalistInnenförderung”, sondern durch Abbau. Wenn der Verlegerverband FÜR dieses Gesetz sich ausspricht, dann läuft also was schief!
Dieses Gesetz macht echt Probleme:
“Sehr lustig: Binswanger erklärt die Mediengesetzabstimmung zur Vernunfts- und Aufklärungsdiskussion — vergiss aber, dass es hier nur um eine Verlagsförderung geht, die eben gerade unvernünftig und unaufgeklärt (oder eben nur kapitalistisch geklärt) folgen haben wird. Sieben Jahre lang wird das für die Verlage gut laufen — danach sind die Verantwortlichen pensioniert. Super. Und was ist danach? Hier stellt niemand Fragen — dabei müsste ein Mediengesetz, als Konzept für eine Demokratie, nicht auf sieben Jahr hinaus, sondern auf mindestens die nächsten 30 Jahre hinausgedacht werden. Und da bietet dieses Papier eben kaum Nahrung.
Die Medien waren immer so frei und werden immer so frei sein, wie sie heute sind — auch ohne Mediengesetz. Die Blochers machen weiterhin, was sie wollen, die Linken ebenso. Und die Politik möchte weiterhin, dass niemand das schreibt, was der Politik schadet …
Die Argumentation der BefürworterInnen ist katastrophal: Trump, Demokratie, Medienvielfalt, Blocher, Somm, Nebelspalter … alles populistische Kampfsynonyme die Alarm auslösen sollen. Ja, die Referendumsbefürworter sind die Somms und Blochers — aber das neue Mediengesetz ist KEIN Referendumsproblem, sondern ein Gesetz! Und es geht nicht um das Referendum, sondern darum, dass wir über ein Gesetz abstimmen, welches einschneidende Konsequenzen birgt.
Das neue Mediengesetz ist KEIN Demokratiepapier! Diese Argumentation wird nur eingesetzt von Leuten, die das Gesetz nicht gelesen haben und keine Ahnung haben, WIE sich Medien finanzieren. Aber in einem Punkt hat Binswanger absolut Recht: “Es gibt nämlich keinerlei inhaltliche Kriterien, welche die Subventionszahlungen beeinflussen können, sie bemessen sich ausschliesslich an den auf dem Markt erzielten Einnahmen.”
Dazu:
1. Ja, der Verlag kriegt Unterstützung für “Hardware”, Vertrieb, Marketing und so. Und dieses Geld bleibt auch im Verlag, sprich: Es wird keine einzige JournalistIn deswegen mehr verdienen oder angestellt werden können. Wir haben eine “Gewaltentrennung” in den Medienbetrieben — auch in der Finanzierung! Das neue Gesetz hat auch keinen Einfluss auf regionale Publizität, Medienvielfalt oder sonst was. Es entbindet einzig die Verlage von der Pflicht, Investitionen in den Medienbetrieb zu tätigen und NICHT in Projekte, die danach hohe Dividenden abwerfen!! …
2. “Markt erzielten Einnahmen” — Ich hoffe, dem Binswanger ist bewusst, dass genau dieser Markt und diese erwähnten Einnahmen das Kernproblem dieses Mediengesetzes sind? Dass es ja genau darum geht, WOHER das Geld kommt und WOHIN es fliesst. Sprich: Die Marktplattformen, die früher die Printmedien finanziert hatten (zum Beispiel Kleinanzeigen!), wurden AUS den Printtiteln ins Internet gebaut — und gehören heute den gleichen Medienkonzernen, wie die Printtitel! Nur wurden diese Investitionen in externe Firmen portiert und bleiben schön da. Als Holding muss man jetzt keine Quersubventionierung machen — so lässt man seit Jahren den Medienmarkt ausdünnen und profitiert vom Sozialbonus und den Demokratie-Lemmingen, die meinen, dass Demokratie mit Geld zu kaufen sei.
Sprich: Operation geglückt — der Verlegerverband jubelt! Jetzt will man diese Marktlücke durch Subventionen füllen. Klever, klever! …
Das hat NIX mit Staatsmedien zu tun! Ich bin kein Referendumsbefürworter, sondern ein “Dieses-Neue-Mediengesetz-Gegner”. Und statt, dass wir über den INHALT vom diesem Mediengesetz nachdenken, wird über Staatsmedien, Demokratie, Medienvielfalt und allem anderen Quark geschwubbelt. Dieses Gesetz hat aber damit nix zu tun!
Und einen Punkt verstehen diese Neue-Mediengesetz-BefürworterInnen in der Tat nicht: Wenn die Politik Geld spricht, dann hat die Politik Einfluss. Ich habe als Kulturmagazin dies selber schwarz auf weiss: Der Kanton Bern strich mir (vor vielen Jahren) die Hälfte eines Jahresbeitrages aufgrund einer Kritik, die ich einem Kulturveranstalter gegenüber öffentlich gemacht hatte. Begründung: Ich wisse ja, dass er als Amtschef vom Kanton im Verwaltungsrat sitze und sowas könne er nicht tolerieren … Tataa …
Hat übrigens nie jemanden interessiert.
Und zum Schluss: Das neue Mediengesetz spricht viel zu wenig Geld, um die Medienvielfalt, die Demokratie, den Umgang der Schweiz mit Medien, die Zukunft der Medien oder irgendwas wirklich lösen zu können. Im Gegenteil: Wir verbauen uns mit diesem Gesetz die Möglichkeit für einen GAV für JournalistInnen, allen voran auch den Freien!
Und darum geht’s!
Binswangers Quasselartikel:
republik.ch: Wer hat Angst vor freien Medien? — Bald stimmt die Schweiz über Medienförderung ab. Es geht um Aufklärung und Demokratie.