Nachdem sich im Lauf des Jahres 2017 ein Grossteil der Vorstandsmitglieder aus verschiedensten Gründen ganz oder vorübergehend aus der IG zurückgezogen hatten (siehe Jahresbericht ’17), mussten wir uns mit reduziertem Personalbestand quasi neu erfinden. 2018 nahm ein verbleibender harter Kern der IG, bestehend aus Christof Berger, Regula Stämpfli und Adrian Zimmermann an den Vorstandssitzungen teil, unterstützt durch unsere zuständige Gewerkschaftssekretärin Patrizia Mordini. Regula Stämpfli und Christof Berger bildeten dabei ein ad interim bestimmtes Co-Präsidium. Die Volatilität im Vorstand ist insbesondere dem Umstand geschuldet, dass Freischaffende oft grössere Schwankungen beim Einkommen verkraften und sich um ihre Aufträge eigenständig bemühen müssen. Das führt zu sehr unregelmässiger Arbeitsbelastung und eingeschränkter Planbarkeit einer kontinuierlichen Verbandsarbeit.
Tatsächlich nimmt die Anzahl der Freischaffenden einerseits mit der Digitalisierung zu, anderseits mit der Tendenz von Wirtschaft und Verwaltung, ältere Arbeitnehmende aus den Arbeitsverhältnissen zu verdrängen. Auch gut qualifizierte Arbeitnehmende, teilweise in Spitzenpositionen, verlieren reihum ihre Stellen. Oft melden sich solcherart Betroffene aber nicht bei den RAVs, sondern versuchen, sich bis zur Pensionierung als selbständige „Berater“ über die Runden zu bringen. Diese Entwicklungen führen zu grösserer Konkurrenz auf diesen ohnehin praktisch ungeregelten Märkten. Die Streichung der Budgets für freie journalistische Beiträge durch die Medienkonzerne ist nur ein Beispiel, das illustriert, wie sich die Situation verschärft. Der Entscheid für die Selbständigkeit ist häufig nicht mit einer echten Wahl verbunden. Gerade Menschen mit einer nicht-linearen Erwerbsbiografie (und einem gewissen Alter) haben auf dem Stellenmarkt praktisch null Chancen. Freischaffende sind somit nicht Ich-AGs, die auf der Unternehmer- oder gar auf der Arbeitgeberseite einzuordnen sind, sondern Arbeitnehmende in oft prekären Situationen, welche eigentlich eines besonderen gewerkschaftlichen Schutzes bedürften (Stichworte: Scheinselbständigkeit, Uber…).
Die IG Freischaffende traf sich im Berichtsjahr an 5 Vorstandssitzungen (8.2.; 26.4.; 8.6.; 3.10. und 29.11.). Daneben nahmen Regula Stämpfli und Christof Berger an der Fortsetzung des Syndicom-Kongresses von Ende 2017 im Berner Kursaal teil. Diese am 9.6. stattfindende Veranstaltung wurde nötig, weil am Kongress in Basel aus Zeitgründen nicht alle Geschäfte fertig behandelt worden waren. Patrizia Mordini nahm zusammen mit Christof Berger zudem am ersten Kongress der Digitalen Nomaden am 1.11. in Bern teil. Regula Stämpfli vertrat als Delegierte die IG am Kongress des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) vom 30.11./1.12.2018 im Kursaal Bern.
TeleBasis
Um einerseits ein besseres Verständnis für das weitgefasste Feld der Freischaffenden zu erwirken und anderseits Mitgliederwerbung zu betreiben, entwickelten wir zu Jahresbeginn ein Medienkonzept unter dem Titel «TeleBasis». Geplant ist ein Online-Magazin, auf welches regelmässig Videointerviews mit Freischaffenden aufgeschaltet werden sollen. Die Interviews führen wird Regula Stämpfli. Das Magazin sehen wir auch allgemein als Aufwertung der Medienpräsenz von Syndicom. Zudem bietet es Freischaffenden Syndicom-Mitgliedern ein gutes Werbetool. Eine Diskussion in Anwesenheit des Medienverantwortlichen Syndicom, Christian Capacoel, ergab, dass auf Seiten der Syndicom-Medienstelle noch etliche Vorbehalte in Bezug auf unser Projekt bestehen. Wir bleiben dran.
Datentransfersteuer
Wir möchten die Einführung einer Datentransfer-Steuer vorantreiben. Eine solche Steuer war auch Bestandteil eines Antrags von Syndicom an den SGB. Wir beschlossen, die Idee zu konkretisieren und eine Kurzstudie dazu in Auftrag geben.
Digitale Nomaden
Digitale Nomaden sind oftmals Freischaffende (es gibt auch Festangestellte), die sich den Umstand, dass Informationstechnologie durch die weltweite Netzverbindung unabhängig von einem fixen Standort betrieben werden kann, dergestalt zunutze machen, dass sie an verschiedenen Orten auf der Welt arbeiten und ihre Standorte ständig verschieben können. Dieses Leben hat allerdings durchaus seine Schattenseiten, welche uns aus gewerkschaftlicher Sicht herausfordern. Christof Berger hat einen Bericht verfasst über den ersten Kongress der Digitalen Nomaden, der Anfang November in einem Coworking-Space in Bern stattfand.
Studie gesetzlicher Status Freischaffender gestern und heute
Adrian Zimmermann ist daran, eine solche Studie zu erarbeiten.
Dienstleistungen und Gesamtarbeitsverträge
Da Freischaffende oft Werkverträge und nur in selteneren Fällen eigentliche Arbeitsverträge abschliessen und zudem oft mit Startups arbeiten (welche sich zu allem Übel häufig als nicht überlebensfähig erweisen), können sie nur in absoluten Ausnahmefällen in Gesamtarbeitsverträge einbezogen werden. Denkbar wäre allenfalls ein Landesmantelvertrag oder Landesmantelwerkvertrag, der anzudenken wäre. Gleichzeitig machen wir uns Gedanken zu zusätzlichen gewerkschaftlichen Dienstleistungen, welche wir entwickeln wollen.
Christof Berger, 1.4.2019